Neue DGUV 209-093 | Quali Hochvolt

Vor knapp einem Jahr wurde die neue DGUV Information (209-093) für das Arbeiten an Hochvolt-Fahrzeugen vorgestellt. Hauptziel dieses Regelwerks ist es der sichere Umgang mit Hochvoltfahrzeugen (und Hybridfahrzeugen) in Werkstatt- und Betriebs-Alltag.

 

Wichtig: Bei den Veröffentlichungen der DGUV handelt sich um keine Gesetze, sondern lediglich um branchenübliche Handlungsempfehlungen zur Arbeitssicherheit. 

 

Sie sind nicht dazu verpflichtet sich eins zu eins an diese Empfehlungen zu halten. Im Ernstfall, also bei einem Arbeitsunfall, ist es jedoch ratsam diesen Empfehlungen gefolgt zu sein. Im Anschluss an Arbeitsunfälle wird stets ermittelt warum dieser Unfall passiert ist und ob alle notwendigen (branchenüblichen) Maßnahmen ergriffen wurden und diesen Unfall zu vermeiden. Wenn Sie als Unternehmer  abweichende Maßnahmen zum DGUV Regelwerk für Ihren Betrieb angewendet haben, werden sie schnell in Rechtfertigungen gegenüber der Staatsanwaltschaft stecken. Haben sie die Vorschläge der DGUV umgesetzt, sind sie meist auf der sicheren Seite

 

Vorab kurz einige Details zu der Vorgängerversion (200-005) die ab 2012 Gültigkeit hatte. Die Vorgängerversion unterschied zwischen eigensicheren und nicht eigensicheren Fahrzeugen. Als eigensichere Fahrzeuge werden alle Fahrzeuge bezeichnet die aufgrund von verbauten Schutzvorrichtungen Stromunfälle vermeiden. Als Stromunfall wird die Körperdurchströmung (also das klassische “am Strom hängen”) und die Lichtbogenbildung (Verbrennung durch “Blitz”) verstanden. Alle aktuellen Serienfahrzeuge die in ihrer Werkstätten repariert werden, sind als eigensicher vom Hersteller entwickelt und in den Markt gebracht worden. Als nicht eigensichere Fahrzeuge versteht man z.B. Prototypen in einem früheren Entwicklungsstadium und Fahrzeuge die aufgrund von Schäden (z.b. defekten Batteriegehäuse) nicht zuverlässig vor einem Stromunfall schützen.

 

Kommen wir nun zu den wesentlichen Teilen der neuen DGUV Verordnung 209-093.

 

Nach wie vor ist der Unternehmer bzw ein bestellter Repräsentant des Unternehmens (Geschäftsführer) Hauptverantwortlicher für das Thema Arbeitssicherheit. Neben den bekannten Gefahren in einem Kfz-Betrieb kommen jetzt noch die Gefahren der erhöhten elektrischen Spannungen (Hochvolt) hinzu. Dies muss im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung bewertet und notwendige Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen etabliert werden. 

 

Für alle Arbeiten, ja bereits den bloßen Bestand von Hochvoltfahrzeugen im Betrieb (z.b. Transport, Firmenwagen, Fahrzeugpflege etc.) sind folgende vier Stufen einer Hochvolt-Qualifizierung notwendig.

Die Stufe “S” (sensibilisierte Person) ist eine Grundqualifizierung die im Rahmen der jährlichen Sicherheitsunterweisung allen Mitarbeitern ihres Betriebes vermittelt werden sollte.  In dieser Grundqualifizierung wird explizit auf die neuen Gefahren der erhöhten elektrischen Spannung eingegangen. Es werden Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen durch Strom  und die bei ihnen etablierte Organisation (wer ist für was zuständig, wer darf was, wer muss bei Vorkommnissen informiert werden) vorgestellt. Die Grundqualifizierung dauert etwa eine Stunde und muss jährlich wiederholt und dokumentiert werden. Diese Sensibilisierung darf von allen Personen geschult werden die über die Mindest-Qualifizierung zur fachkundigen Person Hochvolt (Stufe 2S - FHV) verfügen. Das kann z.b. ihr Werkstattmeister sein wenn er die passenden Schulungen hat und es auch versteht didaktisch den Inhalt rüberzubringen. Ebenso können Sie als Unternehmer die Einweisung vornehmen oder einen externen Dienstleister beauftragen. 


Die Stufe “1S” (fachkundig unterwiesene Person - FUP) ist die erste fachliche Qualifikation wenn es darum geht an Elektroautos arbeiten zu dürfen. Für ihr Werkstattpersonal  ist das die empfohlene Basis.  Das heißt alle technischen Mitarbeiter sollten über mindestens diese Stufe 1S verfügen. Mit dieser Qualifikation darf am Fahrzeug gearbeitet werden, mit Ausnahme an den Hochvoltkomponenten (z.b. orangene Kabel, Inverter, Batterie, E-Motor etc.). Typische Arbeiten sind hier Kundendienst mit Ölwechsel und Luftfilterwechsel bei Hybridfahrzeugen, sowie der jährliche Service (Pollenfilter, Reifen Räder) bei Elektroautos. Aber bitte merken: Hände weg von Orange.


Die Stufe “2S” (fachkundige Person Hochvolt - FHV) qualifiziert für das Arbeiten an den Hochvoltkomponenten wie Kabel und Hochvolt-Bauteilen (z.b. Motor, Ladegerät, Inverter usw.).  Diese Person darf das Fahrzeug nach Herstellervorgabe spannungsfrei schalten und das Fahrzeug danach wieder in Betrieb nehmen. Jegliche Arbeiten müssen aber im spannungsfreien Zustand durchgeführt werden. Eine Reparatur von verunfallten Fahrzeugen oder innerhalb der Hochvoltbatterie sind nicht erlaubt. Dazu bedarf es der Stufe 3S.


Die Stufe "3S" (fachkundige Person für Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Systemen, früher Arbeiten unter Spannung genannt - AUS) ist die höchste Ausbildungsstufe für das Arbeiten an Hochvolt-Fahrzeugen. Mit der Stufe 3S dürfen alle Arbeiten innerhalb der Hochvoltbatterie durchgeführt werden. Ebenso befähigt die Stufe das Befunden und Reparieren von verunfallten Elektroautos. Neben den fachlichen Qualifikationen das Stufe 3S sind besondere Rahmenbedingungen (Erste Hilfe, Alter etc.) notwendig. In einem der nächsten Artikel gehen wir explizit auf die Stufe 3S ein.


Welche Stufen der Hochvolt-Qualifizierung sie und ihre Mitarbeiter benötigen können sie anhand einer Gefährdungsbeurteilung feststellen. Hierzu sollten Sie eine Matrix (z.b. in Excel) erstellen in der sie alle Arbeiten in Ihrem Betrieb und die daraus resultierenden Gefahren auflisten. In einer zweiten Tabelle schreiben Sie alle Mitarbeiter mit ihren bereits bekannten fachlichen Qualifikationen und Erfahrungen auf. Im letzten Schritt vergleichen Sie nun die Arbeiten die durchgeführt werden sollen mit den Qualifikationen ihrer einzelnen Mitarbeiter.

 

Jetzt haben sie einen guten Überblick in welche Richtung sie ihre technischen Mitarbeiter entwickeln müssen. Das hört sich jetzt im ersten Moment komplizierter an als es tatsächlich ist. Wünschen sie bei der Erstellung ihrer Qualifikationsmatrix und ihrer Gefährdungsbeurteilung Unterstützung, helfen wir Ihnen gerne weiter. Sprechen Sie uns bitte an. 

Download
Download PDF-Artikel:
DGUV_209-093_Hochvolt_Qualifikation.pdf
Adobe Acrobat Dokument 510.1 KB

Kommentar schreiben

Kommentare: 0